650 Stunden Mühe – für 20 Tage Macht?

Apothekenreform: Die geplante Vertretungsbefugnis für PTA sorgt für Diskussionen. Es geht um Stundenlast, Kosten, Chefwechsel und Punktezertifikate. Fortschritt oder eher Fortbildungsmarathon – zwei PTA wägen ab.

„PTA plus“ – echte Option oder Etikettenschwindel?

Es ist Freitagabend, 18:45 Uhr. Der letzte Kunde ist raus, die Kasse stimmt. Ich lehne am HV, checke schnell die Neuigkeiten aus der Pharma-Welt und verkünde sie direkt aufgeregt meiner PTA-Kollegin Lea: „Hast du’s gelesen? Die PTA-Vertretung kommt – PTA plus, wenn du so willst!“ Lea schaut mich verwirrt an: „Deine Begeisterung kann ich zwar nachvollziehen, aber erklär’s mir so, dass ich es auch verstehe!“

„Warkens Referentenentwurf ist da: Geplant ist eine Vertretungsbefugnis für PTA, für die sie sich berufsbegleitend qualifizieren kann, für maximal 20 Tage im Jahr, höchstens zehn am Stück. Und – das ist der Dreh- und Angelpunkt – nur in der Apotheke, in der sie bereits ohne Beaufsichtigung arbeitet. Das Curriculum soll die BAK festlegen.“

Lea nickt, aber ihr Blick bleibt skeptisch. „Klingt gut, aber das ‚ohne Beaufsichtigung‘ bekommen wir ja auch nicht geschenkt. Was müssen wir da nochmal genau erfüllen?“

Ich hole tief Luft und zähle auf:

„Erstens brauchen wir mindestens drei Jahre Vollzeit-Berufspraxis in der Apotheke und die Gesamtnote ‚gut‘ im PTA-Examen. Ist die Abschlussnote schlechter, sind es fünf Jahre Praxis. Teilzeit wird entsprechend hochgerechnet. Dann geht ohne ein gültiges Fortbildungszertifikat der Apothekerkammer gar nichts. Übliche Hausnummer: 100 Punkte in drei Jahren und das Zertifikat muss laufend aktuell sein. Außerdem müssen wir mindestens ein Jahr in dieser Apotheke unter Verantwortung derselben Leitung arbeiten, die schriftlich festlegt, welche Tätigkeiten genau ohne Aufsicht laufen. Das ist also personen- und betriebsbezogen – kein ‚Generalschein‘ für überall.“

Hürden und Hoffnungen

Lea runzelt die Stirn. „Heißt: Wenn der Chef wechselt, ist’s vorbei?“ – „De facto ja, ist nämlich eine Entscheidung der jeweiligen Apothekenleitung.“ Gedankenverloren spielt sie mit dem Kuli in ihrer Hand. „Und zeitlich, wie viele Stunden dauert diese Weiterbildung?“

Ich lese nochmal in die Meldung rein: „Puuh ... 650 Stunden in 24 Monaten berufsbegleitend. Machbar? Ja. Locker? Sicher nicht, neben Vollzeit ist das echt ein Brett ...“

„Und wer bezahlt das Brett?“, fragt Lea trocken. Gute Frage. Ist vermutlich so wie mit allen Fortbildungen. In der Praxis hängt’s entweder an der PTA oder dem Chef. Manche geben nur Fortbildungszeit oder Zuschüsse – oder gar nichts, obwohl sie auch davon profitieren. Ich würde es zur Chefsache machen und vorab klären, was übernommen wird – im Gegenzug zu einer fairen Bindungsfrist.

Zwischen Idealismus und Realität

Lea lässt nicht locker: „Und lohnt sich das? Unser Chef ist deutlich über 60. Was, wenn verkauft wird? Dann fällt ja das ‚ohne Aufsicht‘ erstmal weg, hast du gesagt. Die PTA plus damit auch? Und was, wenn das Punktezertifikat mal einen Monat abgelaufen ist? Ich sehe den Nutzen – wirklich. 20 Tage im Jahr, wenn die Leitung mal raus ist oder krank, das kann ein Team schon retten. Aber ich sehe auch die Hürden – also die viele Zeit und das Geld und die Zugangsvoraussetzungen, die stimmen müssen.“

„Ja, ich weiß. Vieles wird sich vielleicht noch etwas glätten, bis die da oben fertig lobbyiert haben.“

Lea lächelt schief. „Du bist halt die Optimistin von uns beiden.“

„Bin ich. Ich werde jetzt doch mal das Punktezertifikat angehen, dann abwarten, was der Spaß kostet – und ein Chefgespräch führen. Und ja – die Latte liegt hoch. Aber das klingt trotzdem besser schaffbar als ein Pharmaziestudium. Das gibt es nicht berufsbegleitend.“