Ginge es auch mit Karte...?

Immer mehr Kunden zahlen in der Offizin unserer Apothekenspitzelin bargeldlos. Na ja, fast alle, und ein damit verbundenes Erlebnis bringt unsere Spitzelin mal wieder auf Gedanken…

Vor ein paar Tagen, kurz nach neun, kaum dass die Apotheke geöffnet hatte, kam ein Herr in mittleren Jahren herein und kaufte – schließlich hat uns die Erkältungszeit immer noch fest im Griff – einige jahreszeitübliche Medikamente. Schnupfenspray, Halspastillen, etwas gegen Husten, alles konnte ich ihm mit ein paar Griffen ins Sortiment hinter mir rasch in eine Tüte packen und obendrein ein Päckchen Papiertaschentücher dazulegen. Doch, die gibt´s noch bei uns, obwohl der Chef sich eifrig Gedanken macht, ob das denn wirklich noch sein müsse. Aber das ist ein anderes Thema…

Jedenfalls: Auf die von meinem freundlichsten „Gute-Besserung-Lächeln“ begleitete Ansage „Das macht dann zusammen 14 Euro 60, bitte!“ zog mein Kunde mit einem neugierigen „Mal-sehen-wie-du-gleich-dreinschaust-Blick“ einen 200 Euro Schein aus dem Portmonee. Funkelnagelneu und faltenfrei. Ein wirklich schönes Stück Papier.

„Ähh, haben Sie es vielleicht etwas kleiner?“, fragte ich, zugegebenermaßen entgeistert.

„Tut mir leid, sonst habe ich nur noch zwei Fünf-Euro-Scheine dabei und ein paar kleine Münzen.“

`Na toll´, dachte ich. `Und das am frühen Morgen. Da ist die Kasse ja direkt durch fehlendes Wechselgeld blockiert.´

„Vielleicht können Sie mit einer Karte zahlen? Das würde helfen.“

„Ich zahle immer bar“

Als hätte er genau auf diesen Vorschlag gewartet, kam die selbstbewusste Entgegnung: „Ehrlich gesagt nein. Und wissen Sie auch warum? Ich zahle immer bar. Grundsätzlich. Ich glaube nämlich, dass man uns das Bargeld nehmen will. Die Politiker – Sie wissen schon…?“, fragte er, senkte dabei seine Stimme und zog eine Augenbraue hoch.

`Gute Güte´, dachte ich. `Das brauche ich jetzt nicht, nicht am frühen Morgen... Und außerdem warteten doch schon die nächsten Kunden…´

„Warten Sie, ich glaube, wir kriegen das hin“, lächelte ich ihn an, strich mit dem Falschgeld-Marker kurz über den Schein (wenigstens echt, dachte ich), öffnete die Kasse und suchte die 183 Euro 40 Wechselgeld zusammen,  darüber sinnierend, dass der Chef mit seinem Beharren auf Abschaffung der Kundenbindungsgeschenke vielleicht gar nicht mal sooo falsch lag. Nachdem ich ihm das Geld gereicht hatte, verabschiedeten wir uns höflich, wobei – glaube ich – aus unser beider Augen ein Anflug des berühmten „Du-mich-auch-Blicks“ hervorblinzelte…

Was wollte ich eigentlich nochmal sagen mit der Geschichte?

Ach ja: Ich finde Bargeld ganz bestimmt auch prima, vor allem, wenn man genug hat von dem Zeug. Wenn es aber um die Geschmeidigkeit des eigentlichen Zahlungsvorgangs geht, bin ich mittlerweile ziemlicher Fan bargeldlosen Begleichens geworden. Gerade in der Apotheke. Kein Kramen im Portemonee, alles fluppt wie geschmiert, Wechselgeld ist kein Problem, und man muss nicht ständig Münzen und Scheine durch die Hände wandern lassen, auch wenn alle Welt sagt, das sei unter hygienischen Gesichtspunkten völlig unproblematisch. Ich bin da immer skeptisch, wasche mir häufiger die Hände mit Seife und spritze auch hin und wieder mal ein paar Tröpfchen Handdesinfektion drauf. Macht ihr bestimmt nicht anders…

Privat bin ich Fan von E-Cash

Privat bin ich erst recht Fan des bargeldlosen Zahlens geworden, meist mache ich das sogar mit dem Smartphone, das ich viel schneller zu Hand habe als meine Geldbörse mit ihren Karten. Immer häufiger kommt es vor, dass ich Beträge unter fünf Euro – sei es beim Bäcker oder im Zeitschriftenladen – elektronisch bezahle. Dranhalten ans Lesegerät, piep, bezahlt, fertig. Geheimnummerneingabe? Nö. Ich habe mir sagen lassen, dass das im Ausland, speziell in den nordischen Regionen schon seit längerem guter Brauch sei. Dort würde man scheel angeschaut, wenn man das Kaugummi wirklich noch bar bezahlen wolle. Neulich in der Pizzeria hielt der Gast am Nachbartisch dem Kellner zum Bezahlen einfach das Handgelenk samt Uhr hin. Der strich mit seinem Lesegerät nur noch über die Watch – fertig. Das ist ja sooo bequem…

Hmmm, aber was, wenn wir uns mit der ganzen Bequemlichkeit auch ein paar Nachteile einhandeln? Man muss ja nicht gleich ein Credo wie der Typ mit dem 200er-Schein pflegen – dass uns böse Mächte ans Bargeld wollen, um all unsere Transaktionen verfolgen und Bewegungsprofile von uns arglosen Bürger anfertigen zu können. Ganz ehrlich? Das ginge schon jetzt, allein, weil wir fast alle ein Handy dabeihaben, und das lässt sich nun mal prima orten.

Einfach mal nachschauen, ob…

Aber irgendwie finde ich: Ein bisschen nackig macht man sich schon mit dem ständigen Kartenzücken. Am anderen Ende sitzen ja erstmal gar keine Menschen mit zweifelhaften Absichten, sondern "lediglich" sauber programmierte Algorithmen, die alles auf Vorrat abgrasen, ganz vorurteilsfrei, aber eben auch mitleidslos und ohne Ermüdung. Schauen, ob eine Apothekenspitzelin sich gesund ernährt, worauf häufige Abrechnungen aus dem Biomarkt hindeuten könnten? Geht. Einfach mal nachsehen, wie oft und wie viel klimaschädliches Fleisch du beim Metzger kaufst? Geht auch. Kurz mal nachgucken, wie oft im Monat du tankst? Na klar. Oder erkunden, wie oft du im Tabakhandel Glimmstengel besorgst? Ebenfalls möglich. Und irgendwann will vielleicht wirklich mal jemand wissen, was die fleißigen Algorithmen so alles zusammengetragen haben.

Ehrlich gesagt: ich weiß nicht, ob es je soweit kommt. Wahrscheinlich sind Stromausfälle, Hackerangriffe, Software-Pannen die viel größere Gefahr fürs ausschließlich bargeldlose Zahlen als die Verwirklichung finsterer Absichten durch Staat und Politik. Aber wenn ich ein bisschen darüber nachdenke, dann habe ich das Gefühl, dass mit dem Zurückdrängen des Bargelds auch ein Stück Unbeobachtetheit futsch ist – von manchem auch „Freiheit“ genannt.

So – jetzt aber genug mit den schwermütigen Gedanken: Erstmal hoffe ich, dass so bald niemand mehr 200er-Scheine zückt, wenn er sich päckchenweise aus dem Sichtwahl-Sortiment bedient. Bei Hochpreisern lass ich es gerade nochmal durchgehen. Und sollte ich hin und wieder einen geschenkt bekommen, dann natürlich auch …

AMIRA fragt: Wie ist es bei euch? Wird in der Apotheke mehr bar gezahlt oder immer häufiger mit Karte, Handy und Co? Und wie haltet ihr es privat? Zahlt auch ihr zunehmende elektronisch? Und wenn ja: mit Bedenken oder völlig unbefangen?