Cannabis-Gesetz: Stimmungsaufheller gegen miese Politik?

Der Bundestag hat das Gesetz zur Legalisierung von Cannabis verabschiedet. Unsere Apothekenspitzelin betrachtet noch einmal die Lage und hat einen Verdacht, worum es wirklich geht.

So, da haben wir´s – das Gesetz mit dem harmlosen Namen „Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften“, mit dem Besitz, Konsum, Anbau und Vertrieb in Deutschland legalisiert wird. Was ich davon halte? Dasselbe wie ihr, denke ich: eigentlich nix!

Nochmal kurz zur Erinnerung die wesentlichen Punkte des Gesetzes:

  • Eigenanbau – Erwachsene dürfen privat bis zu drei Cannabispflanzen anbauen.
  • Besitz – der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis soll straffrei sein.
  • Anbauvereinigungen – über nicht-gewerbliche Vereinigungen soll Cannabis an Erwachsene zum Eigenkonsum kontrolliert weitergegeben werden dürfen.
  • Werbe- und Sponsoringverbot – es gilt ein allgemeines Werbe- und Sponsoringverbot für Konsumcannabis und für Anbauvereinigungen.
  • Kinder- und Jugendschutz – für Minderjährige bleiben Besitz und Konsum verboten.

 

So werde der Cannabis-Konsum sicherer. Sagt Lauterbach. Kiffen nämlich habe immer mehr zugenommen und sei eigentlich nicht mehr zurückzudrängen, deshalb müsse man nun die Realitäten anerkennen und zu ganz anderen Mitteln greifen. Wer nun in Anbauvereinigungen oder Zuhause seine eigenen Pflanzen hege und pflege sei geschützt vor üblen Beimengungen, wie sie auf dem Schwarzmarkt üblich seien und tue richtig was für seine Gesundheit. Auch würden Dealer einfach keine Kunden mehr finden, die bauen dann ja alles selbst an. Zack, weg ist er, der Schwarzmarkt. Sagt Lauterbach.

 

Viele Einwände gegen das Gesetz – alle überhört von der Regierung

Einwände gegen das Gesetz gab es viele, und zwar von wirklich vielen relevanten gesellschaftlichen Gruppen. Alles Spießer und Spielverderber mit antiken Moralvorstellungen? Glaube ich nicht.

So fragte die Gewerkschaft der Polizei, wer denn die Anbauvereinigungen überwachen oder kontrollieren soll, ob nicht mehr als drei Pflanzen auf der heimischen Fensterbank gedeihen. Und was ist eigentlich mit Dealern, die sich – statt das Zeug illegal zu besorgen – in mehreren Anbaugenossenschaften registrieren und den Stoff dort ganz legal ernten, um ihre Serviceleistung hernach weiter am Markt anzubieten? Vielleicht nicht mehr zu den Preisen von einst, aber Abnehmer, die sich mal eben schnell einen Joint ohne das ganze Anbaugedöns gönnen wollen, die gibt´s bestimmt weiterhin. Ganz ehrlich? Ja, ich glaube, da wartet ein Batzen Arbeit auf die Polizei, aber nun ja, die hat eben auch wahrlich nichts Besseres zu tun …

Ähnlich der Deutsche Richterbund, der vor einer Überlastung der Justiz warnte. Es gibt nämlich eine Amnestie für Altfälle. Deren Akten müssen jetzt alle nochmal aufgeschlagen (ja, tatsächlich aufschlagen, mit der Digitalisierung in der Justiz hapert´s nämlich gewaltig) werden, um nachzuschauen, wer von der Amnestie profitieren darf. Meine Meinung: Justiz, ist das nicht der Bereich, wo Verfahren ohnehin schon ultralange dauern, wo Täter monatelang, vielleicht Jahre auf ihr Urteil warten müssen? Na prima, dass jetzt noch mehr Belastung auf die Richterinnen und Richter zukommt! Das wird das Vertrauen in die Rechtspflege garantiert erhöhen…

 

Eltern fürchten Konsum ihrer Kinder, Ärzte Hirnschäden bei Jugendlichen – aber egal…

Dann sind da besorgte Eltern, die fürchten, dass ihre Kinder sich vom Beispiel ungezwungen konsumierender Erwachsener (was ist, wenn die Eltern kiffen?) animieren lassen und auch mal am Joint ziehen wollen. Erst einmal, und dann irgendwann regelmäßig. „Aber da kommen die doch gar nicht dran“, höre ich Lauterbach sagen. Schließlich sollen ja um Schulen, Kindergärten, Spielplätze, Jugendtreffs und Anbauvereine von einem Tabubereich umgeben sein. 100 Meter rund um diese Einrichtungen darf „Bubatz“ nicht vorkommen (noch was, was die Polizei kontrollieren muss…). Nach Vorstellung der Gesetzesbefürworter handelt es sich für Schüler wohl um eine unüberbrückbare Distanz, quasi einen Marathon, um an einen Joint zu kommen. Was aber, wenn der pfiffige Gymnasiast oder Gesamtschüler sich in der großen Pause einen E-Roller schnappt, die 100 Meter flugs überwindet und sich beim nächstbesten Anbieter außerhalb des Bannraums ein Tütchen kauft, um sich rechtzeitig zum Klingeln wieder in die Schulbank zu drücken? Oder er deckt sich auf dem Nachhauseweg ein. Darf der nicht, schon klar. Aber ob er sich daran hält?

Letztlich sind da noch die Kinder- und Jugendärzte und alle, die um die fatalen Auswirkungen von Cannabis auf die Hirnentwicklung junger Menschen wissen. Cannabis soll ja ab 18 Jahren legal konsumiert werden dürfen. Dann ist das Hirn aber längst noch nicht reif, es drohen Psychosen und Co.. Das ist in meinen Augen ein absolutes Killerargument gegen den legalen Genuss mit Eintreten der Volljährigkeit. Und was will Lauterbach tun dagegen? Ganz groß in Aufklärung darüber investieren, wie schädlich Cannabis für Kinder und Jugendliche ist! Hä? Das schützt doch diejenigen nicht, die zwischen 18 und 25 und damit anfällig für Hirnschäden sind! Die werden sagen: Hey, ist doch erlaubt, was stellen die sich denn jetzt so an? Und warum, wenn er doch Jugendliche besser schützen will, legt Lauterbach nicht großflächig die Gefahren des Konsums dar und erklärt diesen weiterhin für untersagt, mindestens bis zum Alter von 25 Jahren? So würde er Prävention durch Aufklärung und durch Androhung von Strafe betreiben, was zwar uncool sein mag, junge Leute meines Erachtens aber besser vor Schäden schützt.

 

Stimmungsaufheller gegen miese Politik?

Ich habe drei Fragen zu alledem:

 

  • Was wird eigentlich aus dem schönen Medizinal-Cannabis, das wir in der Apotheke abgeben. Braucht das eigentlich noch jemand…? Ach komm, auch egal, Hauptsache der Cannabis-Konsum gedeiht, während die Apotheken dahinwelken…
  • Werden die Auswirkungen des Gesetzes wirklich vorurteilsfrei und neutral überprüft? Lauterbach hat das versprochen. Ich gehe allerdings jede Wette ein, dass keine Ergebnisse dabei herauskommen, die das Gesetz ernsthaft infrage stellen.
  • Und warum hat die Regierung trotz der zahllosen Einwände so überaus stur an ihrem Vorhaben festgehalten? Nur weil das Ganze im Koalitionsvertrag steht? Mag sein, aber vielleicht ist der wahre Grund ein anderer: Die Wirtschaft trübt sich ein, manche haben Angst vor einem Krieg, und rechts im Parteienspektrum stehen die Zeichen mächtig auf Wachstum. Alles keine schönen Aussichten, weder für Politiker noch für Bürger. Gewiss macht da eine ordentliche Portion des Stimmungsaufhellers Cannabis das Leben ein wenig luftiger…

 

Na gut, die letzte Frage war scherzhaft gemeint - jedenfalls halb - , und wie´s kommt, kann im Moment noch keiner sagen. In Wirklichkeit bleibt uns nur die alte Weisheit: „Abwarten und Tee trinken.“ Immerhin darfst du bald selbst aussuchen, ob mit Hagebutte, Hasch oder beidem...

 

AMIRA fragt: Glaubt ihr, dass die Auswirkungen des Gesetzes wirklich vorurteilsfrei überprüft werden um sie gegebenenfalls zu korrigieren? Oder wird es in zwei Jahren heißen: „Läuft super, weiter so!“?