E-Rezept: Warum nicht mal „Kurzer Dienstweg“?

Die ABDA hat in einer Umfrage ermittelt, dass das E-Rezept immer noch Probleme aufwirft, vor allem in der Konstellation „Patient da, aber Rezept ist nicht signiert“. Die Apothekenspitzelin nimmt das unter die Lupe und hat einen Vorschlag.

Ja, es passiert immer noch: Vor mir die Kundin bzw. der Kunde, in der Hand die eGK. Ich stecke die Karte in den Leser und sehe keine Verordnung. Das Rezept ist anscheinend noch nicht signiert worden. Schon wieder – so ein M…

Dabei habe ich schon vor einigen Monaten, genauer am 3. Januar und damit kurz nach Einführung des E-Rezepts, in der AMIRA-Welt die Klage eines Apothekers über diese besondere Schwachstelle des neuen Verfahrens gelesen: Schon damals ging es um die verspätete Signatur der Rezepte, die darauf zurückzuführen ist, dass viele Arztpraxen die sogenannte „Stapelsignatur“ praktizieren. Dabei werden mehrere Rezepte, eben der „Stapel“, von Ärztin oder Arzt en bloc signiert. Zwischen der Verabschiedung des Patienten, der mit einer Verordnung die Praxis verlässt, und der Freischaltung des Rezepts per Signatur kann deshalb eine ganze Weile vergehen. Wenn der Patient aber sofort, weil er oder sie es so gewohnt ist, nach dem Verlassen der Praxis die Apotheke aufsucht, kann es sein, dass er leer ausgeht. Denn in der Apotheke weiß man gar nicht, welche Medikamente verordnet wurden, weil das Rezept nicht ordnungsgemäß signiert ist. Das war im Januar so. Und das ist heute so. Jedenfalls noch viel zu oft.

Du kennst das bestimmt. Und ihr kennt auch den Unmut der Kundschaft und die Wartezeiten. In unserer Apotheke bleibt uns manchmal nichts anderes übrig, als die Kunden zu bitten, später noch einmal wiederzukommen. In dringenden Fällen rufen wir auch schon mal in der Praxis an. So wie neulich, als jemand aus unserer trüben Winterzeit in die Sonne Andalusiens düsen wollte, und zwar am Nachmittag. Ich fürchte, der ganze Heckmeck wird bei einigen Kunden nahtlos zu der Frage überleiten, warum man eigentlich die Apotheke vor Ort aufsuchen soll. Nur um dort zu warten? Genauso gut kann man sein Rezept dann auch beim Versender einlösen, von diesem wird man nicht nach Hause geschickt oder hingehalten. Da können unsere Verbände noch so schöne Text-Anzeigen in Bild und Co. schalten, von wegen, wie toll die „Lieblings-Apotheke“ vor Ort den Kunden die Funktion des E-Rezepts erklärt…

Weg mit der Stapelsignatur

Erkannt hat die Problematik jetzt auch die ABDA. Anlass ist eine Umfrage, die der Verband unter 1.100 Inhaberinnen und Inhaber in Auftrag gab. Dabei kam heraus, dass das E-Rezept zwar schon einen großen Teil der Verordnungen abdeckt, aber eben auch viele Apotheken über Probleme klagen. Knapp 70 Prozent gaben an, dass der Fall „Patient/in ist da, aber E-Rezept noch nicht“ am meisten Mehrarbeit in der Apotheke erzeugt.

Die Lösung kennt unsere ABDA-Vorsitzende Gabriele Overwiening bereits: „Wenn rund 70 Prozent der Apotheken berichten, dass sie ihre Patientinnen und Patienten erst verspätet versorgen können, weil das E-Rezept noch nicht abrufbar ist, muss die Politik schnellstmöglich handeln: Ärztinnen und Ärzte sowie die Betreiber ihrer Praxisverwaltungssysteme sind anzuhalten, verbindlich die Komfortsignatur vorzunehmen.“ Mit der Komfortsignatur können Ärztinnen und Ärzte bis zu 250 Verordnungen pro Tag erstellen, dafür müssen sie sich nur einmal mit ihrem Heilberufeausweis und der PIN anmelden. Das Problem „Patient steht vor dem HV-Tisch, aber das Rezept ist noch nicht da“ sei damit weitgehend gelöst, weil die sofortige Signatur des Rezepts nur noch wenige Sekunden dauere und direkt bei der Ausstellung erledigt werden könne.

Damit hat die ABDA einen Punkt, finde ich. Jetzt sind die anderen – nämlich die Ärzte – am Zug, und zwar flott, wie ich in aller Bescheidenheit bitten möchte. Die Apotheke ist das letzte Glied in der Kette, wenn Patienten dort – im Gegensatz zur früheren Zettelwirtschaft – jetzt warten müssen, geht das zu ihren Lasten, ist aber nicht ihre Schuld bzw. liegt nicht in ihrer Verantwortung. Die Digitalisierung soll alles beschleunigen, und jetzt kostet sie Zeit – wenn das kein Witz ist! Was ist, wenn junge und netzaffine Patienten in den nächsten Monaten in großer Zahl zu den Versendern überlaufen, weil sie den Apotheken die Schuld in die Schuhe schieben?

Die Lösung heißt „Komfortsignatur“

Aber gut, das Problem ist ja erkannt, die „Komfortsignatur“ als Lösung allgemein akzeptiert – jetzt muss nur noch gehandelt werden… Nur noch?

Dazu ein Vorschlag: Wie wäre es, wenn die Sache nicht immer nur in den Verbandsspitzen ventiliert würde, nach dem Motto „ABDA an Bundesärztekammer“ und „Bundesärztekammer an ABDA“ – oder so. Vielleicht wäre es sinnvoll, wenn die Apotheken bis zu zehn Arztpraxen im Umkreis mal von Heilberufler zu Heilberufler ansprechen bzw. -schreiben, und ihnen in wenigen Sätzen die Probleme schildern, verbunden mit der Bitte, künftig die „Komfortsignatur“ zu verwenden. Von wegen „wir sitzen alle in einem Boot, machen wir uns also nicht gegenseitig das Leben schwer“. Wie ein solcher Text aussehen könnte?

Vielleicht so:

„Liebe Praxis Schnellgesund,

heute sprechen wir Sie einmal auf dem kurzen Dienstweg von Heilberufler zu Heilberufler an: Bestimmt haben Sie und Ihr Team in den vergangenen Wochen davon gehört, dass es in unserer Apotheke zu Wartezeiten und Problemen beim Einlösen von E-Rezepten auch aus Ihrer Praxis gekommen ist. Die Kunden reichen uns ihre eGK, aber das Rezept ist noch nicht signiert. Wir glauben, dass sich diese Schwierigkeiten, die die Patienten stark verunsichern, beheben lassen, wenn Sie künftig die sogenannte „Komfortsignatur“ für Ihre Verordnungen nutzen. Damit lassen sich Rezepte freigeben, ohne dass sie wertvolle Zeit für die Behandlung ihrer Patientinnen und Patienten verlieren. Kleine Ursache, große Wirkung – der Traum aller, die in unserem Berufsfeld tätig sind…😊 Das kann das Vertrauen in unser beider Leistungsfähigkeit nur erhöhen.

Herzlichen Dank für Ihr Verständnis und Ihre Unterstützung,

Ihre Sonnen-/Wald-/Bären-/Hansa/...-Apotheke

Bestimmt wird es Ärzte geben, die das anmaßend finden und sich fragen: „Was geht die Apotheke eigentlich die Organisation meiner Praxis an?“ Oder: „Da muss ich erst mal meinen Dienstleister fragen…“ Und ganz sicher würde es Praxen geben, die von mehreren Apotheken Post erhielten.

Aber wäre es nicht wenigstens den Versuch wert?

AMIRA fragt: Was haltet ihr vom Vorschlag des „kleinen Dienstwegs“? Würde eure Apotheke mitmachen?